Schäden an altem Leder erkennen, geeignete Reinigung, Pflege und Aufbewahrung.
Da hat man nun dieses traumhafte Jahrhundertwende-Fahrrad in relativ gutem Zustand mit originalem Ledersattel und Werkzeugtäschchen erworben und eigentlich sollte man glücklich sein; doch beim Blick auf die alten Lederteile kommt keine Freude auf. Sie haben so gar nichts von dem, was man mit schönem alten Leder und Patina verbindet, sondern sind graubraune, schuppige, grotesk deformierte Gebilde, die nur entfernt noch an Sattel oder Tasche erinnern.
Was also tun? Im Folgenden möchte ich Euch einige Tipps dazu geben, wie man die originalen / alten Ledersättel und -taschen von historischen Fahrräder reinigen, pflegen und richtig aufbewahren kann. Und was man besser nicht tun sollte.
Mein Artikel erhebt keinen Anspruch darauf, das Thema vollständig zu bearbeiten, sondern ist für den „Hausgebrauch“ gedacht. Er behandelt kurz und knapp die häufigsten Probleme. Die Tipps zu Reinigung und Pflege sind ohne Vorkenntnisse und ohne größere Anschaffungen für jeden relativ leicht durchführbar; sie stellen eine Art „Grundversorgung“ dar und dienen in erster Linie der Erhaltung, nicht der Verschönerung der Lederartikel. Größere und weiterführende Maßnahmen als die hier beschriebenen solltet Ihr ohne umfassende Kenntnisse und praktische Erfahrung mit altem Leder nicht durchführen, das Risiko etwas dauerhaft zu zerstören, ist gegeben.
Wie wird Leder hergestellt, wie altert es und welches Leder findet sich am Fahrrad?
Zuerst einmal ist es notwendig sich klarzumachen, dass Leder ein organisches Produkt ist und welche Konsquenzen diese Tatsache für seine Haltbarkeit, Pflege und Aufbewahrung hat. Leder wird in Industrie und Handwerk mit Hilfe von meist pflanzlichen oder mineralischen Gerbstoffen hergestellt; es gibt eine Vielzahl von einzelnen Gerbstoffen und daraus zusammengesetzten Rezepturen. Die enthaarte und speziell vorbereitete Tierhaut wird in Gruben oder rotierenden Fässern in eine gerbstoffhaltige Brühe eingelegt; die Gerbstoffe durchdringen die Haut und machen sie haltbar - ganz grob gesagt. Es entsteht ein Produkt, das, je nach verwendeter Tierhaut und der Rezeptur der Gerbstoffe, alles zwischen zart und hart sein kann und eine Materialstärke von unter einem Millimeter bis zu ca. einem cm haben kann. Egal auf welche Weise es gegerbt wurde, zeichnet sich gutes Leder immer durch folgendes aus: es ist stabil, widerstandsfähig und dabei flexibel. Diese Eigenschaften prädestinieren es u. a. zur Herstellung von Taschen und Sätteln für Fahrräder.
Für Kernledersättel wird dickes, mit pflanzlichen Gerbstoffen wie u.a. Eichenrinde gegerbtes Rindsleder verwendet, auch die alten Werkzeugtäschchen sind aus pflanzlich gegerbtem Leder, aber in dünnerer Materialstärke. Im Lauf der Zeit wurde bei preiswerteren bzw. sehr „modernen“ Gegenständen auch zunehmend mineralgegerbtes (chromgegerbtes) Leder verwendet, da sich diese Art von Leder günstiger und schneller herstellen lässt. Es wurde und wird gerne verwendet für alle Arten von Polstersätteln, also immer da, wo dünne und schmiegsame Leder für die Decke gebraucht werden.
Preiswerte Werkzeugtaschen wurden zunehmend aus Lederpappe, einem Produkt aus zermahlenen und miteinander verklebten Lederfasern, das anschließend mit einer Art Lackfarbe versiegelt wird, hergestellt. Lederpappe, auch „Lefa“ genannt, ist ein Recyclingprodukt für Lederabfälle und hat deswegen auch nicht die oben genannten Materialeigenschaften einer echten Lederhaut, braucht aber wie Leder Pflege.
Die Flexibilität und Widerstandsfähigkeit echten Leders geht im Lauf der Zeit unweigerlich mehr oder weniger verloren, eben weil es ein organisches Material ist. Die Haut und die in ihr gelösten Gerbstoffe, oder eventuell vorhandene Farbstoffe, reagieren mit Stoffen aus der Umwelt, was zur Folge hat, dass sich die Materialeigenschaften des Leders zum Negativen verändern. Dieser Prozess kann nicht gestoppt werden, er kann nur durch Pflege verzögert und gemildert werden.
Leder lässt sich nicht löten oder schweißen wie Metall. Und leider ist es nicht möglich, ein Ergänzungsteil an altes, in seiner Struktur geschädigtes Leder anzukleben oder anzunähen, so dass es wieder uneingeschränkt funktionstüchtig wird. Durch solche „Reparaturen“ wird die Struktur des alten Leders nur noch mehr zerstört und es geht entweder schon beim Reparaturversuch kaputt, oder später, wenn der Gegenstand benutzt wird.
Gute Pflege ist die beste Möglichkeit um Leder so gut und lange wie möglich zu erhalten. Die alten Gegenstände bleiben jedoch, egal was man tut, empfindlich und sind deswegen oft reine Ausstellungsstücke. Aber es sind unersetzliche und seltene Originale, deren eingeprägte Firmenlogos so nicht reproduzierbar sind und die durch die Art und Weise ihrer Verarbeitung und ihrer Bestandteile einzigartige Zeitdokumente sind. Somit sind sie in jedem Zustand erhaltungswürdig und verdienen Aufmerksamkeit.
Dies sollte man bedenken wenn einem der alte Sattel oder das Werkzeugtäschchen mal wieder gar nicht gefällt: Da ist ein kleines Stück Haut, das von einer Kuh stammt, die vor vielen Jahrzehnten geschlachtet wurde; nach der Umwandlung zu Leder hat es lange Zeit gute Dienste als Sattel oder Tasche getan, dann hat es viele Jahre irgendwo und irgendwie überdauert. Und jetzt ist es immer noch da, wenn auch in keinem guten Zustand. Bringt bitte etwas Empathie für das Leder auf. Bemüht euch zuerst darum, herauszufinden, welche Schäden es im Lauf er Zeit erlitten hat. Dies ist die beste Voraussetzung für eine anschließende Reinigung, Pflege und sachgerechte Aufbewahrung. So werdet Ihr euren Gegenstand in einen besseren und schöneren Zustand bringen und erhalten.
Die Gründe für Schäden an Leder sind vielfältig und nicht immer klar zuzuordnen, oft kommen auch mehrere Faktoren zusammen. Im Folgenden eine Aufzählung der häufigsten Schäden:
Schäden durch den Gebrauch des Gegenstandes und die daraus folgende Abnutzung, ebenso Lager- oder Unfallschäden
Hierzu zählen durchgesessene Sättel, gebrochene Riemen, ausgerissene Sattel- und andere Nieten oder vergrößerte Löcher um diese herum. Des Weiteren abgeriebene Oberflächen und fehlende oder abgerissene Teile, durchgescheuerte Stellen, kaputte Nähte und so weiter. Risse und Beschädigungen können auch von früheren Unfällen stammen. Diese Schäden gehen oft mit einem Substanzverlust, speziell der Lederoberfläche einher, der nicht zu beheben ist. Bei großen Schäden kann es sinnvoll sein, fehlende Teile oder Risse durch Klebungen zu ergänzen oder zu verbinden, dies hilft dabei, dass der Sattel oder die Tasche die Form behalten kann; andernfalls deformiert sich der Gegenstand immer weiter. Solche Ergänzungen sind schwierig anzubringen und sollten von einem Spezialisten gemacht werden.
Als Lagerungsschäden finden sich immer wieder Druckstellen und Dellen, die von über lange Zeit aufliegenden schweren Teilen, meistens Teilen anderer Fahrräder stammen; solche Schäden lassen sich nicht beheben, da durch sie die Struktur des Materials geschädigt wurde. Manchmal finden sich auch historische Reparaturen; dann ist eine aufmerksame Pflege besonders wichtig, damit der Gegenstand möglichst wenig unter dem Zug oder Druck von ergänzten Nähten, Nieten oder eingefügten Lederteilen leidet und sich deformiert.
Schäden durch chemische Reaktionen der Haut und der Gerb- oder Farbstoffe mit Substanzen aus der Umwelt
Jedes pflanzlich gegerbte Leder wird vom Sauerstoff in der Luft dunkler und erhält durch diesen oxidativen Prozess eine Patina, die das Leder im Lauf von vielen Jahren hart und spröde werden lässt, wenn es keine Pflege erhält. Ebenso kann es zu Reaktionen kommen durch zahlreiche andere in der Luft befindliche Gase, Abgase und Stoffe, ich nenne hier das früher verbreitete Heizmaterial Koks als Beispiel. Auch starke, dauerhafte Sonneneinstrahlung und Hitze verhärtet das Leder und trocknet es aus. Kunstlicht und daraus resultierende Hitze trocknet ebenfalls aus. Leder kann auch mit Metallen reagieren, es kann dadurch Schäden an den Kontaktpunkten zum Satteluntergestell, zum Rahmen, zu Nieten, Schnallen oder anderen Schließen geben. Auch Körperschweiß beeinflusst den Zustand von Leder negativ.
Mit der Zeit können so strukturelle Schädigungen entstehen, die nicht umkehrbar sind; das Leder wird hart, schuppig und bröselig. Im Extremfall kann das Leder regelrecht zu Staub zerfallen; charakteristisch dafür ist der rötliche Farbton, den es annimmt und nach dem der Prozess „Roter Zerfall“ genannt wird. Ist das Material durch „Roten Zerfall“ stark geschädigt, kann nur der zu niedrig gewordene PH-Wert des Leders von einem Fachmann erhöht werden, um den Prozess aufzuhalten. Die im folgenden Abschnitt genannten Verschmutzungen können ebenfalls zu unerwünschten Reaktionen im Leder führen.
Schäden durch Verschmutzungen
An Fahrradsätteln und -taschen werden Verschmutzungen durch Staub und oft durch all die Dinge, die in einer Werkstatt oder Garage herumstehen und dort benutzt werden, hervorgerufen. Öle, Lacke, andere Farben, Reinigungsmittel, Baustoffe, etc. Grob lässt sich unterscheiden in Verschmutzungen, die ins Leder eingezogen sind und solche die mehr oder weniger oberflächlich sind. Verschmutzungen wie eingezogene Öle, Lacke und Reinigungsmittel können das Leder in seiner Struktur stark schädigen und „Roten Zerfall“ oder Verhärtungen hervorrufen.
Schäden durch zu viel oder zu wenig Feuchtigkeit
Dies können Wasserflecken oder Flecken von anderen Flüssigkeiten sein, die nicht entfernbar sind. Es kann sich auch um Deformierungen der Gegenstände wie aufgebogene Taschendeckel oder in die Höhe stehende Sattelwangen handeln, die durch andauernde Nässe oder anhaltende hohe Luftfeuchtigkeit entstanden sind. Auch können durch dauerhafte hohe Luftfeuchte kleine schwarze Stockflecken entstehen und das Auftreten von Schimmel wird begünstigt. Durch dauernde Feuchtigkeit kann es sogar zum Wachstum von Moosen und Algen auf Leder kommen.
Dauernde Trockenheit macht das Leder spröde, hart und schuppig, speziell wenn es keine Pflege erhält.
Ständige Schwankungen zwischen hoher und niedriger Luftfeuchtigkeit stressen das Material extrem, durch die verschiedenen Effekte, die diese Bedingungen in ständigem Wechsel hervorrufen.
Schäden durch Insekten
Insektenfraß und Befall wird meistens durch Motten oder Pelzkäfer hervorgerufen. Er kann auf der Lederoberflächen vorkommen, wo dann deutlich vertiefte ausgefressene Bahnen zu sehen sind. Häufiger aber sind die Polstermaterialien aus Filz von Sätteln betroffen, in denen man dann die Fraßgänge der Insekten sieht, oft auch leere Puppen oder tote und lebendige Insekten. Auch im Inneren von Werkzeugtäschchen können sich Insekten verbergen, ebenso zwischen mehreren Schichten von Leder, z. B. an der Vernietung von Riemen. Nähte können ebenfalls von Insektenfraß betroffen sein.
Was Ihr bei Reinigung und Pflege nicht tun solltet
Da Leder mit vielen Stoffen und Substanzen reagiert und mache sogar den „Roten Zerfall“ fördern, sollte Wert darauf gelegt werden, dem Leder bei der Reinigung und Pflege möglichst wenige weitere Stoffe und Chemikalien mit unbekannter Wirkung zuzuführen. Verwendet keine scharfen Putz- oder Reinigungsmittel.
Spezielle Öle, Polituren, Pflegemittel, die z.B. Silikone enthalten und als Geheimtipp zur Pflege von neuem Leder gelten, solltet ihr alten Ledern, die ihr noch lange erhalten wollt, aus den oben genannten Gründen nicht zumuten. Verwendet kein Lederfett in dem Bienenwachs enthalten ist, es unterbindet die Atmungsfähigkeit des Leders und zieht dauerhaft Staub an, der dann auf dem Leder kleben bleibt. Ebenfalls schädlich für altes Leder sind in Lederfett enthaltene tierische Tranfette, diese fördern oxidative Prozesse im Leder und somit den „Roten Zerfall“.
Was als Tipp zur Pflege, oder zum schnelleren und weniger schmerzhaften Einfahren eines neuen Kernledersattels gut funktionieren mag, ist für altes Leder nicht geeignet. Anbei einige Beispiele:
Leder von oben (Narbenseite) und von unten (Fleischseite) fetten ist schädlich, weil dadurch die Atmungsfähigkeit des Leders unterbunden wird. Lederfett auf der Unterseite des Leders trägt außerdem dazu bei, dass sich der Verbund der Bindegewebsfasern lockert. Dadurch wird das Leder dehnbarer, schlimmstenfalls instabil und fasert auf. Also immer nur oben fetten, die Unterseite bleibt wie sie ist.
Gefettetes Leder im Ofen / auf der Heizung erwärmen oder gar erhitzen ist eine Prozedur die ebenfalls dazu beiträgt, dass der Verbund der Bindegewebsfasern sich lockert; auch können sich dabei Bestandteile des Lederfetts verändern und mit Stoffen im Leder reagieren. Die hohe Temperatur an sich tut dem alten Leder auch nicht gut, sondern fördert Brüchigkeit, Verhärtung und Zerfall.
Verwendet zur Reinigung keine harten Bürsten und keine Hochdruckreinigungsgeräte
Reinigung, Pflege und Aufbewahrung
Für die Reinigung von Leder gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten. Am schonendsten ist die Trockenreinigung. Dafür braucht man Haarpinsel oder weiche Borstenpinsel in verschiedener Stärke. Ein dicker Puderpinsel oder auch ein Rasierpinsel ist gut für große Flächen geeignet, feine Pinsel erlauben es, an schwierige Stellen vorzudringen. Ein Staubsauger mit schmaler Düse kann bei der Reinigung auch sehr hilfreich sein, niedrige Saugleistung ist ausreichend. Reinigt alle Oberflächen des Gegenstands vorsichtig aber gründlich. Bei Taschen ist es wichtig, den Innenraum nicht zu vergessen - hier ist oft sehr viel Schmutz und Staub, auch können sich dort Insekten verstecken. Das gleiche gilt für die Unterseiten von Sätteln, speziell von Polstersätteln.
Gibt es in die Oberfläche eingezogene oder stark anhaftende Verschmutzungen, kann vorsichtig eine feuchte Reinigung durchgeführt werden, wobei es keine Garantie gibt, dass die Flecken verschwinden. Ihr solltet den Gegenstand vorher, wie oben beschrieben, trocken reinigen. Zur feuchten Reinigung von Leder ist Sattelseife hervorragend geeignet, da sie eine rückfettende und pflegende Komponente enthält. Außerdem braucht Ihr einen feinporigen sauberen Schwamm, etwas Wasser und ein sauberes Baumwolltuch. Feuchtet den Schwamm an und stellt durch wiederholtes drücken des Schwamms in die Sattelseife, die sich üblicherweise in einer Dose befindet, einen feinporigen Schaum her. Achtet schon beim Herstellen des Schaums darauf, möglichst wenig Wasser zu verwenden. Tupft den Schaum mit dem Schwamm vorsichtig auf alle Lederoberflächen (nur Lederoberseite = Narben) auf und nehmt ihn sofort mit dem Baumwolltuch wieder ab. Bearbeitet eine Partie nach der anderen, arbeitet zügig und achtet darauf, dass möglichst wenig Feuchtigkeit in das Leder eindringt. Brüchige oder kleine Lederteile wie Riemen reagieren besonders empfindlich auf Feuchtigkeit und sollten sehr sanft behandelt werden. Sattelseife ist nur zur Reinigung von Leder geeignet, nicht für Polstermaterialien o.ä..
Lasst die gereinigten Teile an einem luftigen Ort bei Zimmertemperatur am besten einen Tag lang trocknen. Bei Täschchen ist es empfehlenswert, sie locker mit zusammengeknülltem Zeitungspapier zu füllen. Zum Trocknen legt ihr die Werkzeugtasche am besten nur leicht geöffnet auf einer Schmalseite ab. Falls die Tasche nach der Feuchtreinigung mit völlig aufgeklapptem Deckel getrocknet wird, kann dies Bruchschäden an den Biegungsfalzen des Deckels verursachen oder vorhandene Schäden verschlimmern. Riemchen legt Ihr zum Trocknen am besten in der Form hin, die sie im Lauf der Zeit angenommen haben; wenn sie flach ausgelegt werden besteht ebenfalls Bruchgefahr. Sättel sollten zum Trocknen nicht auf der Unterkante ihrer Flanken stehen; stellt sie etwas erhöht auf.
Am nächsten Tag fettet Ihr die Lederoberfläche mit einem guten Lederfett, oder mit säurefreier weißer Vaseline vorsichtig und möglichst sparsam ein. Nehmt hierzu einen ungefärbten, fusselfreien Baumwolllappen und tragt das Fett so dünn wie möglich und ohne zu reiben auf die Lederoberfläche (Narben) auf. Die Unterseite (Fleischseite) des Leders wird nicht gefettet. Lasst das Fett einen Tag lang bei Zimmertemperatur einziehen und poliert dann vorsichtig mit einem sauberen Baumwolllappen nach; bei stark geschädigter Oberfläche werden statt kreisender Polierbewegungen streichende Bewegungen angewandt um den Narben zu schonen. Solltet Ihr zu viel Fett verwendet haben, werdet Ihr Rückstände sehen, die mit dem Lappen entfernt werden müssen. Falls das Leder sehr lange kein Fett mehr erhalten hat, kann es notwendig sein, das Einfetten nach ca. einer Woche nochmals zu wiederholen; es ist besser zweimal sehr dünn zu fetten, als einmal dick. Das Material kann das Fett so besser aufnehmen. Das Leder wird, je nach Art der Gerbung, seiner Färbung, Zustand und Alter durch die Pflege mit Lederfett dunkler werden; dies ist völlig normal. Es wird im Lauf einiger Wochen wieder etwas heller werden, dann hat sich das Fett vollständig im Leder verteilt. Zur Unterhaltspflege genügt es, einmal jährlich zu fetten.
Der Aufbewahrung von altem Leder sollte ebenfalls einige Aufmerksamkeit geschenkt werden, da diese Bedingungen Einfluss auf den Zustand des Materials haben. Vermeidet direkte starke Sonneneinstrahlung; je weniger Sonnenlicht um so besser. Künstliche Beleuchtung sollte so weit entfernt von den Gegenständen sein, dass diese sich nicht erwärmen; auch hier gilt, je weniger desto besser.
Wichtig für Leder ist eine mittlere, konstante Luftfeuchtigkeit, zwischen 45% und 55%. Leder sollte atmen können und deswegen nicht in Schachteln oder mehr oder weniger luftdicht verschlossenen Behältern aus Metall oder Plastik aufbewahrt werden. Sorgt für gute Luftbewegung. Stehende Luft kann, besonders in Verbindung mit hoher Luftfeuchtigkeit, Schimmel und Stockflecken begünstigen.
Achtet bei Sätteln darauf, dass sie durch die Lagerungsbedingungen nicht deformiert werden; einzelne Sättel sollten nicht dauerhaft mit den Unterkanten der Flanken auf einem Tisch o.ä. aufliegen. Falls Ihr Lederdecken ohne Untergestell habt, sorgt durch einen improvisierten Unterbau aus Pappe oder Papier dafür, dass die Lederdecke möglichst in ihrer Form liegen kann, ohne irgendwo aufzustoßen. Werkzeugtäschchen kann man sehr locker mit Papier ausstopfen, damit sie nicht in sich zusammenfallen und sich deformieren.
Betreibt Vorsorge gegen Insektenbefall. Verteilt zu diesem Zweck hier und da in der Nähe der Gegenstände Mottenpapier, Lavendel oder Zedernholzstücke und achtet darauf, diese Prophylaxe in den jeweils geeigneten Zeitabständen zu erneuern. Solange kein Insektenbefall vorhanden ist, solltet Ihr keine Pheromonfallen (z.B. für Motten) aufstellen, da hierdurch Motten angelockt werden. Kontrolliert eure Sättel und Taschen regelmäßig und gründlich auf Insektenbefall.
Wenn Ihr diese Tipps beachtet, tut Ihr mit einfachen Mitteln viel für Erhaltung und Schönheit eurer Schätze. Strapaziert die alten Gegenstände aus Leder nicht, oder möglichst wenig, durch Benutzung. Und verabschiedet euch von unrealistischen Erwartungen; ein schöner Glanz auf dem Leder, die Fahrbarkeit eines Sattels oder die uneingeschränkte Benutzbarkeit einer Werkzeugtasche, die optimale Sichtbarkeit eines eingeprägten Logos, all das wird bei wirklich altem oder stark geschädigtem Leder nicht, oder nur teilweise machbar sein. Viel wichtiger ist es doch, ein historisches Objekt aus Leder so zu erhalten, wie es ist und etwas dafür zu tun, dass sich sein Zustand möglichst wenig weiter verschlechtert.
Ich hoffe, dass meine Anleitungen und Informationen euch bei der Pflege und Erhaltung eurer Sättel und Taschen weiterhelfen.
Dieser Artikel ist im Knochenschüttler Nr. 66, dem Mitgliederjournal des Vereins Historische Fahrräder e.V. erschienen.
Alle Fotos von Gerhard Schulz-Rothemund.
Haftungsausschluss:
Ich habe die Tipps sorgfältig und nach bestem Wissen und Gewissen für Sie zusammengestellt, eine Haftung oder Garantie dafür daß Sie mit meinen Pflege-tipps ein gutes Ergebnis erzielen, kann ich nicht übernehmen. Es kann sogar sein daß Sie etwas kaputtmachen. Auch mir gehen beim Reinigen immer wieder Teile, die schon sehr marode sind, wie Riemchen von Werkzeugtaschen kaputt; das ist leider normal!
Überlegen Sie also genau, bevor Sie sich ans Werk machen. Behandeln Sie als Erstlingswerk nicht das beste Stück Ihrer Sammlung, üben Sie an einem Stück das gut erhalten und nicht besonders wertvoll ist.
In der Galerie finden Sie unter Restaurierung einige Beispielfotos meiner Arbeiten.